Von der Auslegung des Systems, bis hin zu Montage und Inbetriebnahme
Tunnelbewetterung, Göteborg, Schweden
Systemair lieferte nicht nur die Ventilatoren, sondern berechnete die benötigten Luftmengen, prognostizierte die Strömungen im Tunnelsystem und legte daraufhin die Ventilatoren aus.
Darüber hinaus übernahm Systemair die Montage und Inbetriebnahme und sicherte so das Einhalten der Schallgrenzwerte der Ventilatoren zusätzlich ab.
Die vorgegebene Obergrenze kann durch eine zusätzliche Verstärkung der Konstruktion sowie Schalldämpfer eingehalten werden.
Um die Nutzung des Schienennahverkehrs in Schwedens zweitgrößter Stadt Göteborg weiter voranzutreiben und den Umstieg von der Eisenbahn auf die Straßenbahn noch schneller und bequemer zu machen, startete die schwedische Verkehrsbehörde 2016 das Projekt West Link. Eine acht Kilometer lange Bahnstrecke soll unterirdisch den zentralen Hauptbahnhof mit zusätzlichen Stationen verbinden. Die neue Bahnstrecke wird dabei unter anderem durch drei neue U-Bahnhöfe an das Nah- und Fernverkehrsnetz angeschlossen. Sechs der acht Kilometer verlaufen in Tunneln. Ein Projekt, vor dem Ingenieure in der Vergangenheit zurückschreckten, weil der Untergrund wechselnd aus Lehm und Felsgestein besteht.
Die Herausforderungen des Tunnelbaus mitten in Göteborg stellen sich nicht nur Untertage: Die Angriffspunkte für den Vortrieb sind umsäumt von Wohngebäuden und öffentlichen Einrichtungen. Somit war die Lärmbegrenzung ein großes Thema. Um diese Belastung zu begrenzen, wurden für die Tages- und Nachtzeiten unterschiedliche Obergrenzen der Geräuschpegel verfügt, die sich an der jeweiligen Gebäudenutzung orientierten. Gleichzeitig aber muss die notwendige Frischluftversorgung im Tunnel sichergestellt werden. Die Belüftung musste passend zu den Diesel-Emissionswerten der Maschinen und Transportfahrzeuge sowie zum Frischluftbedarf der im Tunnel arbeitenden Personenanzahl ausgelegt werden.
Systemair zeichnete sich verantwortlich für die Berechnung der benötigten Luftmengen, prognostizierte die Strömungen im Tunnelsystem und legte dementsprechend die Konstruktion der Ventilatoren aus. Darüber hinaus übernahm Systemair die Montage und Inbetriebnahme und sicherte so das Einhalten der Schallgrenzwerte der Ventilatoren zusätzlich ab.
Die Bewetterung wurde nach der Norm SIA 196 für die Baulüftung im Untertagebau ausgelegt. Wie die benötigten Luftmengen mit der geforderten Luftgeschwindigkeit von 0,3 m/s im gesamten Göteborger Tunnelsystem sicherzustellen waren, dazu aber kann die Norm verständlicherweise nichts beitragen. Stattdessen brachten die Experten von Systemair ihre Erfahrung speziell zu den geeigneten Einblaspositionen der Lutten ein.
Ventilatoren-Konstruktion im Zeichen der Schallreduktion
Ausgehend von der maximal benötigten Luftmenge im letzten Bauabschnitt, errechneten die Ingenieure so ein Fördervolumen für den Servicetunnel von 60 m³/s bei einem Druck von 3.750 Pa. Erreicht wird dieser Bedarf an Bewetterung durch zwei in Reihe geschaltete Axialventilatoren mit je 250 kW. Ein Frequenzumformer passt das Fördervolumen dem Belüftungsbedarf analog zum fortschreitenden Tunnelvortrieb an. Sensoren im Tunnel messen dafür permanent die Strömungsgeschwindigkeit als Bezugsgröße.
Die Begrenzung der Schallemission sicherte Systemair mit zusätzlichen Verstärkungen der Konstruktion ab. Die Ventilatoren sind wetterfest gekapselt. Der saugseitige Kulissenschalldämpfer wurde besonders massiv ausgelegt und wiegt 4,9 Tonnen. Die gesamte Einheit aus Schalldämpfer mit den zwei in Reihe geschalteten Ventilatoren erreicht ein Gewicht von 12,5 Tonnen und eine Länge von rund 13 Meter. Als Maßnahme gegen die Schallübertragung am Aufstellort ist die Ventilatoreneinheit schallentkoppelt auf einem Stahlträgerrahmen befestigt. „Diese Bauart ist auch für die Lebensdauer entscheidend, denn die Ventilatoren laufen schließlich ohne Unterbrechung über Jahre durch“, hebt Arthur Palmer, Tunnel & Metro Ventilation Engineer bei Systemair, einen weiteren Aspekt der sicheren Tunnelbelüftung hervor.
Montage und Inbetriebnahme ist Tuning
Die Belüftungsventilatoren sind am Tunneleingang auf einer Stahlschweißkonstruktion in gut fünf Meter Höhe über der Zufahrt platziert. Dass Systemair die Montage nicht nur bei diesem Projekt, sondern grundsätzlich am liebsten selbst übernimmt, hat gute Gründe: „Außer der Ventilatorenkonstruktion ist ebenso die Ausrichtung und Befestigung entscheidend für die Laufruhe der Ventilatoren – also für eine hohe Lebensdauer und möglichst geringe Körperschallübertragung“, erklärt Arthur Palmer.
Die Anlieferung und Montage der gut 13 Meter langen, 3 Meter hohen und 12,5 Tonnen schweren Einheiten mitten im Stadtgebiet, praktisch vor der Haustür der Humanistischen Bibliothek der Universität Göteborg, war allerdings eine logistische Herausforderung – die aber genauso erfolgreich verlief wie die anschließende Inbetriebnahme. Unter anderem wurden dabei Vibrationsmessungen am Ventilator, Schallmessungen in der Umgebung und Luftstrommessungen im Tunnel vorgenommen. „Eine Inbetriebnahme ist mehr als der Nachweis, dass die geforderten Leistungswerte eingehalten werden. Es ist eigentlich ein Tuning der Tunnelbelüftung vor Ort“, kommentiert Arthur Palmer den termingetreuen Startschuss für die Bewetterung der Baustelle.
Zur Unterstützung der vorbeugenden Instandhaltung der Tunnelventilatoren zeichnen die Frequenzumformer alle Daten in einem Logbuch auf. So lässt sich in einem eventuellen Störungsfall die Ursache schneller analysieren und beheben – eine wichtige Absicherung als Ergänzung der konstruktiven Vorkehrungen, damit es trotz Dauerbelastung zu keinem Ausfall kommt. Denn ohne Bewetterung stoppt der Tunnelbau.
Das West Link-Projekt soll bis 2026 abgeschlossen sein. Systemair arbeitet bereits an der Auslegung der Belüftung der unterirdischen Bahnhöfe und des Tunnelsystems im späteren Betrieb. Die Aufgabenstellung „Frischluftzufuhr“ ist dabei um die Themen Brandschutz und Entrauchung ergänzt – zwei weitere Kompetenzfelder von Systemair.
Wenn Sie mehr über das Projekt wissen oder mit einem unserer Experten sprechen möchten, wenden Sie sich bitte an Arthur Palmer, Tunnel & Metro Ventilation Engineer, Systemair GmbH, unter arthur.palmer@systemair.de oder Telefon: +49 7930 9272-592