Im Ernstfall wird bei der Evakuierung der 15 Stockwerke keine Zeit verloren
„myhive“-Tower, Düsseldorf, Deutschland
Die Reaktionszeit bis zum Erreichen von 90 Prozent des Betriebspunktes wurde von zulässigen 3 Sekunden auf weniger als die Hälfte verringert.
Systemair betreute das Projekt bereits in der Planungsphase, sodass komplexe Anforderungen, wie noch nicht spezifizierte Raumzuschnitte optimal berücksichtigt werden konnten. Selbstverständlich waren wir auch während der Installation und Inbetriebnahme, bis hin zu den Tests und der Abnahme jederzeit involviert.
Sämtliche Funktionalitäten der Rauchdruckanlage, inklusive Be- und Entlüftung sowie übergreifender Steuerung, konnten aus einer Hand abgedeckt werden.
Rauchschutzdruck-Anlage inkl. Be- und Entlüftung sowie übergreifender Steuerung
Das als „myhive“ konsequent verfolgte „New Work“-Konzept des Gebäudeeigentümers, stellt Selbstbestimmtheit und Flexibilität in der Nutzung der Räumlichkeiten vor hierarchische Strukturen und fest definierte Prozesse. Dieses Konzept trifft die Ansprüche gut ausgebildeter Leistungsträger, die hohen Wert auf individuellere Arbeitsformen legen, perfekt.
Bauseits stellt dieses Konzept aber den Brandschutz vor die Herausforderung, beispielsweise schon in der Konzeptionsphase Rauchschutz-Druckanlagen (RDA) über 15 Geschosse auf noch nicht näher spezifizierte Raumzuschnitte und -belegungen abbilden zu müssen.
Bei der Rauchdruckanlage für das Sicherheitstreppenhaus des 15-geschossigen Bauwerks handelt es sich um eine Zuluftanlage mit einem Gesamtvolumenstrom von 35.000 m³ pro Stunde. Bei der vergleichbar aufgebauten Rauchdruckanlage für die beiden Feuerwehraufzüge liegt ein Volumenstrom von 30.000 m³ pro Stunde zugrunde.
Nur über eine so konsequente Messung der Druckverhältnisse auf den jeweiligen Etagen und in den verschiedenen Räumen können wir das optimale Zusammenspiel aus Leistung der Zulüfter und geforderter Druckhaltung im zu entrauchenden Raum gewährleisten. Denn dort geht es ja nicht allein um den zur Entrauchung notwendigen Überdruck, sondern gleichzeitig muss zum Beispiel auch der Druckschlag berücksichtigt werden, den die automatisch schließenden T 90-Türanlagen zu den Bürobereichen bzw. zum Eintritt in das Sicherheitstreppenhaus erzeugen. Bei den Druckverhältnissen in den Vorräumen der Feuerwehraufzüge geht es oft um wenige Pascal Unterschied. Die Druckschläge von zu schnell schließenden Brandschutztüren, weil vielleicht der Türschließer nicht korrekt eingestellt ist, können da während der Betriebsphase der RDA schon entscheidend sein.
Reiner Kelch, Bereichsleiter Systeme & Applikationen
Bereitgestellt werden die Zuluftmengen über insgesamt vier Axialventilatoren der Baureihe AXC, also redundant. Die Druckbelüftungsanlage für die Feuerwehraufzüge ist dabei in einem separaten, brandgeschützten Technikraum untergebracht. Die Luftführung erfolgt, von einem separaten Zuluftturm vor dem Gebäude kommend, über ein L 90-Kanalsystem in die beiden Aufzugsschächte. Geräuschbelastungen, die unter Volllast durch die Axialventilatoren entstehen könnten, werden über entsprechend dimensionierte Kulissenschalldämpfer direkt im Anschluss an die Lüfter abgefangen. Selbst bei geöffneter Tür zum Aufzugsschacht liegt der Schalldruckpegel so bei nur noch 60 dB(A).
Die Abführung der eingebrachten Zuluft in die Feuerwehraufzugsschächte und in das Sicherheitstreppenhaus erfolgt über Dach durch zwei Brandgas-Axialventilatoren der Baureihe AXC(F) mit einem Gesamtvolumenstrom von 25.000 m³/h. Die drehzahlgeregelten Axialventilatoren sind dabei alle für eine Fördermitteltemperatur bis 55 °C im Dauerbetrieb ausgelegt, die Dachventilatoren zusätzlich auf eine einmalige Belastung bis 400 °C bei einer Dauer von mindestens 120 Minuten.
Gesteuert werden die Ventilatoren sowie die zugehörigen Druckdosen als Impulsgeber und die notwendigen Überströmklappen im Vorraum der Feuerwehraufzüge zum einen über einen zentralen F 90-Schaltschrank mit drei Einheiten nahe der Zulüfter für die Feuerwehraufzüge im zweiten Untergeschoss. Der spezielle Brandschutz für diese Steuerzentrale war notwendig geworden, da im benachbarten Technikraum ansonsten eine zu hohe Brandlast anliegt. Von hier aus kann das gesamte RDA-System zentral programmiert oder auch ausgelesen werden.
Ein zweiter Steuerschrank befindet sich in wetterfester Ausführung auf dem Dach des Hochhauses. Hier sind die beiden Abluftventilatoren als ein in sich geschlossener Teil des Gesamtpaketes RDA-Anlage sowie Drucksensoren gesondert „verdrahtet“ und dann an die Zentralsteuerung angebunden.
Im Fall des „myhive“-Towers ist die gesamte Steuerung zusätzlich auf die Gebäudeleittechnik aufgeschaltet, sodass eventuelle Stör- oder Fehlermeldungen sowohl beim Betreiber als auch bei Systemair als Hersteller und Wartungsdienstleister parallel auflaufen können.
Die Herausforderung „Zeit“
Um angesichts der Höhe des Gebäudes und der bis zu 2.000 möglichen Beschäftigten, die im Ernstfall evakuiert werden müssen, eine deutlich über den normativen Anforderungen liegende Reaktionsgeschwindigkeit der RDA-Anlagen zu erzielen, wurden die eingesetzten Axialradiatoren projektbezogen modifiziert.
Durch gezielte Optimierung beispielsweise der Ventilatorlaufräder wie auch der installierten Drehstrom-Brandgasmotoren gelang es, die Reaktionszeit bis zum Erreichen von 90 Prozent des Betriebspunktes von zulässigen 3 Sekunden auf weniger als die Hälfte zu verringern – in der Welt der RDA-Technik und vor dem Hintergrund eines rund 60 Meter hohen Gebäudes also fast auf einen Lidschlag…
Die Herausforderung „Druckverhältnisse"
Die für diese extrem flinke Reaktion notwendigen Impulse kommen unter anderem über die mehr als 130 Drucksensoren, die – ebenfalls immer redundant – sowohl in den Vorräumen der Feuerwehraufzüge als auch auf den einzelnen Ebenen im Sicherheitstreppenhaus sowie – Redundanz der Redundanz – zusätzlich noch in den beiden Schächten der Feuerwehraufzüge installiert wurden. Letztere sind das Back-up, damit bei einem eventuellen Ausfall der Drucksensoren in einem Vorraum über die automatische Begrenzung der Zulüfterleistung noch die Türen zu den Büroetagen geöffnet werden können.
Dass alle Drucksensoren, wie auch die Zu- und Abluftklappen, über eine aufwändig durch die Feuerwehrschächte geführte Verkabelung an den Steuerschrank im zweiten Untergeschoss angebunden wurden, unterstützt im Übrigen zusätzlich die Betriebssicherheit des komplexen RDA-Systems.
Wie hoch die Sicherheitsanforderungen unter Brandschutz-Gesichtspunkten im „myhive“-Tower sind, zeigt auch hier ein näherer Blick aufs Detail: Obwohl die Feuerwehraufzüge aufgrund ihrer Funktion schon einen in sich geschotteten „Brandschutzabschnitt“ darstellen, der im Ernstfall von einer eigens abgesicherten RDA rauchfrei gehalten wird, ist die hier installierte CAT 6/7-Verkabelung für die Drucksensoren trotzdem nochmals alle drei Meter über geprüfte Boxen abgeschottet. So wird selbst eine eventuelle Brandweiterleitung über die Steuerkabel doppelt ausgeschlossen.
Wenn Sie mehr über das Projekt oder unser Angebot an Rauchdruckanlagen erfahren möchten, dann freuen sich unsere Experten auf Ihre Kontaktaufnahme.